Bild

Pucki

Es gibt wenig Hausgenossen, den Ehegatten vielleicht mal ausgenommen, die einem dermaßen auf die Nerven fallen wie der Wellensittich. Trotzdem findet man in vielen Familien neben der Ehefrau oft auch noch zusätzlich den kreischenden Sittich.
Als Tierfreunde fragen wir uns natürlich: wie kann man das Zusammenleben erträglich gestalten - das heißt, das kleine Mistvieh um die Ecke bringen? Das Gekreische dieses Ehegezänk-Simulators setzt ja doch ein, wenn Sportschau oder "Tatort" äußerste Konzentration verlangen.
Bei mir fing alles damit an, daß mein Eheweib ein paar zusätzliche Krakeeler erwarb, um mir die Fernsehabende zu vermiesen. Mit dem Zebrafinkenpaar bin ich eigentlich ganz gut ausgekommen. Immer, wenn meine Frau morgens das Haus verließ, drehte ich den Sportsfreunden den Hals um. Kurz bevor sie abends von der Arbeit kam, schlenderte ich dann in die Zoohandlung, kaufte einen Satz neue, und fertig war's. Nur gelegentlich mußte ich noch am Gefieder etwas mit dem Edding nacharbeiten. Doch so hatte ich wenigstens tagsüber meine Ruhe. Als aber am Monatsende die Rechnung vom Zebrafinkenhändler eintraf, war ich bedient. Zebrafinkenkosten mit 1200 Mark waren die weitaus größten in meiner Haushaltsrechnung. So konnte es nicht weitergehen. Flugs wurden ein paar alte Socken in den Käfig gehängt und eine Sumatra entfacht. Nach drei Stunden waren die Jungs bei ihren Kollegen.
Das Paradies währte jedoch nicht lange. Ein Kanari zog in die Wohnstube ein. Bei ihm wollte die kombinierte Socken-Sumatra-Therapie partout nicht greifen. Nach einiger Zeit machte ich allerdings die interessante Entdeckung, daß sich die Halbwertszeit des Kanaris durch geschicktes Etikettenumkleben im Supermarkt auf zwei Tage senken ließ. Kurioserweise starb unser Freund hier an einem Bircher-Müsli, das ich ihm als Vogelfutter untergeschoben hatte.
Doch auch diesmal währte das Paradies nur wenige Tage. Ein Wellensittich requirierte die Tierfreundstube. Tagelang war ich ratlos. Rattengift oder Arsen kamen nicht in Frage, da meine Ehefrau aufgrund früherer Erfahrungen sicherlich vor Gericht eine Obduktion angestrengt hätte. Wie um alles in der Welt den zähen Burschen ins Nirwana pusten? Nachbars Katze ist dermaßen degeneriert, daß sie nur noch Katzenyuppie-Ragout für 23,50 die Dose speist. Ja, ich stand wieder einmal allein da mit meinen Tötungsabsichten wie so oft in meinem Leben. Doch als meine Frau zum Einkaufen für eine halbe Stunde das Haus verließ, kam mir die rettende Idee. Nach der am Zebrafink geschulten Methode wurde ruck-zuck die gefiederte Ratte entleibt und der leblose Torso an einem Schnürsenkel in die Kuppel des Vogelbauers gehängt. Zwei Dinge ließen meine Frau bei ihrer Rückkehr stutzig werden: Warum hatte der ansonsten so fröhliche Sittich die Worte hinterlassen "Ich halt's hier nicht mehr aus. Euer Pucki", und wo hatte er die Schreibmaschine her?