Hallo, hier meldet sich der kleine Tierfreund. Es wird Zeit, daß ich
auch einmal für die Natur Partei ergreife. Denn allzu sehr wird sie
doch vom Menschen bedrängt und zur reinen Umwelt degradiert.
Besonders jetzt in den milden Maiwochen, da sich tausende von
kopulierenden Paaren in den Auen und Wäldern wälzen und zarte
Sprössline und gerade neugierig aus der Erde hervorlugende
Keimlinge auf brutale Weise niederwalzen. Rücksichtslos wird hier
das junge Leben durch den gierigen Johannistrieb des männlichen
Zweibeiners am Boden zerstört.
Als ich an diesem doch recht schattigen Wochenende mit
Thermosflasche und Feldstecher durch die heimatliche Flur streifte,
konnte ich überall die Spuren des ungebremsten Freiluftkopulierens
entdecken. Je mehr der Japaner den Innenraum seiner Kleinwagen
reduziert, desto mehr ist der erwachsene Mensch auf die Natur als
Liebesgelände angewiesen, und diese trägt schwer an der
zusätzlichen Last. Am Wegesrand das prächtige
Brombeergestrüpp, im Herbst war es noch die Zierde des
Gewerbegebietes, gestern sah ich es betrübt am Boden liegen,
gnadenlos niedergewalzt von einem Liebespaar, an den Stacheln
hing noch der Lippenstift.
Oder die stolze Gruppe gelber Stoppelrüben, die den Winter mit
zusammengepressten Zähnen überstanden haben, ist in den ersten
warmen Tagen des Frühlings rücksichtslos an den Boden kopuliert
worden. Wohin soll das führen, wie sollen wir harmonisch im
Einklang mit der Natur leben, wenn wir uns auf ihrem Rücken
fortpflanzen und sie dabei zerstören. Was würden wir wohl sagen,
wenn die Runkel bei uns im Schlafzimmer keimen würde oder die
stachelige Kastanie unter unserer Daunendecke heranreifte. Von
einem intelligenten, moralischen Wesen kann man mehr erwarten als
von einer Steckrübe, meine ich, liebe Tierfreunde. Wenn die
Eintagsfliege unbedingt auf der Brombeermarmelde des Menschen
ihr Fortpflanzungsgeschäft verrichten muss, so heißt das doch
nicht, daß wir im Gegenzuge die Brombeere flach legen müssen.
Ich wünsche Ihnen dort draussen einen warmen Maianfang.