Am Sonntag nachmittag, wenn der gemeine Ausflügler Wald und Feld unsicher macht, darf sich meine treü Kreidler Florett oft im Schuppen ausruhen.
Auf Schusters Rappen gehts dann frisch heraus aus der Siedlung, zum Kaninchensportplatz. Hier gibt der Verein für deutsche
Gebrauchskaninchen (VDG) seinen Kaninchenführern Gelegenheit,
ihre vierbeinigen Kameraden auf den Mann abzurichten. Das Kanin ist als "Schweisshund des kleinen Mannes" in den letzten Jahren
sehr beliebt geworden. Wegen seiner absoluten Mannesschärfe wird speziell der Kanino Neapolitano - oder auch gscheckter Würger -
gern von zwielichtigen Gestalten aus dem Rotlichtmilieu gehalten. Vom VDG ist diese Rasse jedoch nicht zugelassen.
Heute Nachmitag soll Albrecht von der Zwergenrott, ein strammer zweijähriger Rammler, seine Prüfung zum Polizeikaninchen
ablegen. Erste Aufgabe: Schweisssuche. Ein angeschossener Demonstrant soll vom Kanin aufgrund seiner hinterlassenen Blutspur gestellt werden.
Nun lautet ein Hauptargument gegen die Verwendung von Schweisskaninchen immer noch, dass bei den heutigen hochrasanten
Geschossen ohnehin jedes Stück im Feier liegenbleibt. Doch kann wohl niemand bei dem chaotischen Durcheinander bei
Demonstrationen oder Geiselnahmen für den einwandfreien Sitz einer Kugel garantieren, etwa, weil das Blatt eines Störers von
einem Hindernis verdeckt wird. Wehe dem, der dann kein Schweisskaninchen zur Nachsuche parat hat, liebe Tierfreunde!
Unser Albrecht hier verrichtet seine Aufgabe mit Bravour. Schon nach wenigen Minuten hat er den angeflickten Autonomen gestellt
und gräbt seine angefeilten Zähne in dessen Unterarm. Die zweite Aufgabe ist da schon schwieriger: Ein Radfahrer, der
falschherum in eine Einbahnstrasse dringt, soll von Albrecht mündlich verwarnt werden. Der Jagdangora schaut zur
Vergewisserung kurz nach oben auf das Verkehrsschild - uns rast los! Keine zehn Sekunden später schon wälzt sich der
Verkehrssünder im eigenen Kettenschmier. Zu Recht wird Albrecht heute nachmittag feierlich in das Gebrauchskaninchenstammbuch des Verbandes eingetragen.
Raubzeugfeudigkeit, ausgezeichnete Mannschärfe und bedingungslose Treue - das sind die Eigenschaften, mit denen sich
der niederläufige Jagdangora im Alltag unserer Ordungskräfte unentbehrlich gemacht hat. Und in so mancher Wachstube habe ich schon diesen Waidspruch gesehen:
Das ist des Scharfschützen Ehrenschild
dass alles angeschweisste Wild
mit gut Kanin zur Strecke kommt
wie es dem edlen Waidwerk frommt.